Bürgerrechte

Notarielle Testamente sind nicht sicher – eine Kontrolle zulassen!

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Deutscher Bundestag Petitionsausschuss
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Notarfachangestellte haben die Möglichkeit, mit geringem Aufwand und minimalem Risiko Testamente zu fälschen, ohne Kenntnis ihrer Arbeitgeber*innen. Bei einem begründeten Verdacht auf Urkundenfälschung ist es dennoch nicht gestattet, das von einem Nachlassgericht eröffnete notarielle Testament mit der beim Notariat verbliebenen Ablichtung zu vergleichen. 

Deshalb wird vom Gesetzgeber gefordert, § 18 Abs. 2 Bundesnotarordnung (BNotO) zu ergänzen: Nach dem Tod einer Erblasserin oder eines Erblassers und nach der gerichtlichen Testamentseröffnung sollte den Nachkommen das Recht auf Einsicht in die Notariatsfassung des Testaments (bzw. in die Teile dieser Fassung, die ihnen bereits von der Gerichtsfassung vorliegen) eingeräumt werden – und zwar umgehend, ohne Schweigepflichtentbindung durch die Aufsichtsbehörde und ohne Angabe von Gründen. Dies müsste das Recht einschließen, gegen eine Gebühr eine Kopie der Notariatsfassung ausgehändigt zu bekommen.

Begründung

Gemäß § 18 Abs. 2 BNotO können Notar*innen nach dem Tod einer Erblasserin bzw. eines Erblassers nur durch die Aufsichtsbehörde von ihrer Verschwiegenheitspflicht befreit werden.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit seinem Grundsatzurteil vom 20. Juli 2020 entschieden, dass die Aufsichtsbehörden zwar verpflichtet sind, die Notar*innen nach dem Tod einer Erblasserin / eines Erblassers von ihrer Schweigepflicht zu befreien, doch die Notar*innen können dann selbst entscheiden, ob überhaupt und auf welche Weise sie welche Auskunft zum Testament erteilen wollen. Die Konsequenzen: 

  • Notar*innen können nach Belieben Testamentsfälschungen (ihrer Angestellten) vertuschen.
  • Erblasser*innen und Nachkommen sind entrechtet. Sie haben keinen Anspruch darauf, dass eine etwaige Testamentsfälschung aufgeklärt und korrigiert wird. Dies ist verfassungswidrig, denn es verstößt gegen Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes: „Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet.“
  • Die Sicherheit notarieller Testamente ist deutlich eingeschränkt, da potenzielle Täter*innen nicht mit einer Kontrolle durch die Nachkommen rechnen müssen.

Der Anlass für den vom BGH entschiedenen Rechtsstreit

Laut notariellem Testament hat unser Vater seine Kinder aus erster Ehe enterbt und diejenigen aus zweiter Ehe als Erben eingesetzt. Eine erdrückende Beweislast lässt jedoch auf eine Testamentsfälschung schließen, u. a. diese Punkte: 

  • Das mehrseitige Testament ist nicht – wie gesetzlich vorgeschrieben – mit Schnur und Prägesiegel gesichert. Deshalb könnten Seiten ausgetauscht worden sein.
  • Unser Vater hatte seiner Tochter aus erster Ehe eine Vorsorgevollmacht erteilt, die über den Tod hinaus gelten sollte. Doch die Tochter wurde um die für sie anzufertigende Vollmachtsurkunde betrogen (Urkundenunterdrückung nach § 274 Abs. 1 StGB, Strafe: bis 5 Jahre Haft). So wurde verhindert, dass sie als General- und Vorsorgebevollmächtigte beide Testamentsfassungen vergleichen konnte.

Wir beantragten bei der Aufsichtsbehörde, den zuständigen Notar von seiner Schweigepflicht zu befreien, zwecks Einsichtnahme in die Ablichtung des Testaments. Diese Fassung hätte korrekt sein müssen, denn unser Vater hätte diese auf Wunsch einsehen können, um bspw. noch Änderungen vorzunehmen. Der Antrag wurde abgelehnt. Am Ende des Klageverfahrens fällte der BGH das o. g. Urteil.

Sowohl das verwaltungsrechtliche als auch ein strafrechtliches Verfahren in dieser Angelegenheit sind im Beitrag „Am Beispiel einer Nachlassangelegenheit“ dokumentiert (siehe unten).

Weitere Aspekte

Nach Aussage einer Justizbeschäftigten eines Nachlassgerichts reichen Notariate häufig Testamente ein, bei denen Schnur und Prägesiegel fehlen. Teilweise seien die Seiten nicht einmal mit Ösen, sondern nur mit Heftklammern verbunden (d. h. getackert; siehe Doku, Rn. 129). In all diesen Fällen – vor allem wenn vertrauensvolle Beziehungen zwischen Notarfachangestellten und Angehörigen der Erblasser*innen bestanden – könnten Seiten ausgetauscht worden sein. Eventuell geschieht dies hunderte Male pro Jahr.

Selbst notarielle Testamente, die ordnungsgemäß mit Schnur und Prägesiegel gesichert sind, könnten manipuliert worden sein (siehe Doku, Rn. 156).

Notar*innen haften für Manipulationen ihrer Angestellten (siehe Doku, Rn. 121, 140). Sollten letztere ein Testament gefälscht haben, würde sich eine Notarin bzw. ein Notar nach einer Schweigepflichtentbindung durch eine wahrheitsgemäße Auskunft zur dort verbliebenen Ablichtung selbst belasten und hätte mit disziplinarischen und strafrechtlichen Maßnahmen zu rechnen (evtl. Lizenzverlust und Haftstrafe). Zudem würde sie/er die wirtschaftliche Existenz der Kanzlei gefährden und damit den Kanzleikolleg*innen und Angestellten schweren Schaden zufügen. Da jedoch Notar*innen gegenüber den Nachkommen von Erblasser*innen nicht auskunftspflichtig sind (siehe oben), können die Nachkommen im Falle einer Fälschung keine korrekten Angaben zur Testamentskopie erwarten (siehe Doku, Rn. 209–211).

Die Frist für die Anfechtung eines Testaments beträgt 30 Jahre (§ 2082 Abs. 3 BGB).

Weitere Informationen: https://www.testamente-pruefen.de 

 

Quellen und Nachweise:

Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 20. Juli 2020 – NotZ(Brfg) 1/19

https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=2020-7&Seite=5&nr=109784&pos=150&anz=349

Bundesnotarordnung (BNotO)

https://www.gesetze-im-internet.de/bnoto/

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/

Grundgesetz (GG)

https://www.gesetze-im-internet.de/gg/BJNR000010949.html

Scheimann, H. (2023). Am Beispiel einer Nachlassangelegenheit.

https://www.testamente-pruefen.de/Scheimann2023.pdf

Strafgesetzbuch (StGB)

https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/

Vielen Dank für Ihre Unterstützung, Helmut Scheimann aus Münster
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Neuigkeiten

  • Liebe Unterstützende,
    die Dokumentation „Am Beispiel einer Nachlassangelegenheit” wurde überarbeitet und neu veröffentlicht, inkl. einer Zusammenfassung. Letztere wird auch separat zum Download angeboten, damit sie leicht heruntergeladen und verbreitet werden kann (siehe www.testamente-pruefen.de/Zusammenfassung2023.pdf).
    Wesentliches Ergebnis der Dokumentation: Im Rechtsgebiet „Erbrecht und Standesrecht der Notar:innen“ haben sich Strukturen gebildet und verfestigt, welche bei einer Testamtsfälschung durch Nortarfachangestellte die Notar:innen (und gleichermaßen die Täter:innen) vor Strafverfolgung schützen. Die Folge hiervon ist jedoch, dass offenbar in zahlreichen Fällen der Erblasserwille nicht korrekt vollzogen wird.
    Dies ist das... weiter

Noch kein PRO Argument.

Noch kein CONTRA Argument.

Warum Menschen unterschreiben

am 27.06.2023

Der Fall (siehe Website des Petitions-Starters) zeichnet mit minutiöser Genauigkeit ein signifikantes Loch in unserem Rechtssystem nach, das von hoher Brisanz und zweifellos von allgemeingültigem Interesse ist, denn das Thema Erbschaft, die Rechtssicherheit der eigenen Testamentsgestaltung, die Unabhängigkeit der Rechtsorgane und Funktion des Rechtssystems wie das Aufzeigen frappierender "Schlupflöcher" in diesem, geht uns alle an.

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