Soziales

Persönliche Assistenz auch von nahen Angehörigen

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Bund, Länder, Bhs, Gemeinden
33 Unterstützende

Petent hat die Petition nicht eingereicht/übergeben.

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Petent hat die Petition nicht eingereicht/übergeben.

  1. Gestartet 2017
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Gescheitert

19.12.2017, 22:30

Die schwedische Assistenzreform von 1994
Aber jetzt zu meinem Thema, der schwedischen persönlichen Assistenzreform von 1994. Ich beschreibe das System anhand meiner eigenen Situation.

Ich habe einen Assistenzbedarf von im Durchschnitt 18 Stunden am Tag. Das wurde in einem Gepräch mit der Sachbearbeiterin am örtlichen Büro der staatlichen Sozialversicherung festgestellt. Ein altes allgemeines ärztliches Attest, das Ursache und Ausmaß meiner Behinderung erwähnt, spielte dabei eine nur untergeordnete Rolle, denn laut Gesetz bestimmt die ganze Lebenssituation den Assistenzbedarf.

Ich bin verheiratet, unsere Tochter ist 8 Jahre alt. Meine Frau und ich sind berufstätig. Laut Gesetz sollen die Assistenzleistungen die in der schwedischen Gesellschaft übliche Arbeitsteilung innerhalb der Familie ermöglichen. Ich kann also meine Assistenten dazu einsetzen, mir beim Von-der-Schule-abholen, beim Einkaufen, Kochen, Putzen etc. zu helfen. Einfache Arbeiten oder Reparaturen am Haus und im Garten lasse ich auch von ihnen machen - also alles, was ich selbst erledigen würde, wenn ich nicht behindert wäre.

Mit Hilfe meiner Assistenten kann ich arbeiten. Eine der wichtigsten Funktionen dabei ist die Reisebegleitung. Als Leiter des Instituts für Independent Living bin ich oft unterwegs. Da meine Frau ihren eigenen Beruf hat, verreisen wir nur im Urlaub zusammen und auch da nehme ich einen Reiseassistenten mit, damit wir möglichst die gleiche Unabhängigkeit voneinander haben können, die in anderen Familien üblich ist. Für die Reisekosten des Assistenten habe ich ein Budget für Flugtickets, Hotelzimmer, Mahlzeiten, Eintrittskarten, etc. Dieses Budget ist in den monatlichen Zahlungen der Sozialversicherung bereits einbegriffen - ich muss also nicht jedes Mal Gesuche einreichen, wenn ich für meinen Assistenten eine Flugreise buche.

Z. Z. arbeiten 9 Assistenten für mich - meine Frau ist übrigens auch dabei, denn manchmal wollen wir unter uns sein. Das ist unsere freie Wahl, die uns die Assistenzgelder ermöglichen. Ich könnte es mir sogar leisten, mich mit meiner Frau zu streiten, ohne sie gleich darauf bitten zu müssen, mir z. B. beim Toilettenbesuch zu helfen.

7 Assistenten arbeiten nach einem Wochenschema, die restlichen habe ich als Reserve. Keiner meiner Assistenten arbeitet ganztätig bei mir. Zwei sind freiberufliche Musiker, die ihr unsicheres Einkommen durch Assistenzarbeit bei mir ergänzen. Drei Assistenten kommen aus Lateinamerika und schlagen sich mit Gelegenheitsarbeiten durch. Zwei weitere studieren. Es gibt in Schweden keine Zivildienstleistenden, worüber wir sehr froh sind. Der Stundensatz, der von der Sozialversicherung an Assistenznehmer ausgezahlt wird, ermöglicht uns, einigermaßen marktgerechte Löhne zu bezahlen. Zwangskommandierte Zivildienstleistende wären zwar billiger, würden aber das Berufsbild verschlechtern und unsere Personalsituation erschweren.

Der Arbeitgeber meiner Assistenten ist die von mir in den 80er-Jahren gegründete Genossenschaft STIL. Wir sind z. Z. 250 Mitglieder. Darunter sind Kinder, Menschen mit geistigen Behinderungen, ältere Leute - gemeinsam ist nur der Bedarf an persönlicher Assistenz. Zusammen beschäftigen wir über 1000 Assistenten. Laut Satzung besteht der Vorstand aus Menschen mit Bedarf von persönlicher Assistenz. Geschäftsführer und ein großer Teil der Büroangestellten sind behindert und meist selbst auf persönliche Assistenz angewiesen. Die Mitglieder beauftragen die Genossenschaft, die Gehälter unserer Assistenten auszubezahlen, andere damit verbundene Verwaltungsarbeiten zu übernehmen und unsere Interessen gegenüber der Sozialversicherung - notfalls auch rechtlich - zu verteidigen. Die Genossenschaft hat jedoch nichts mit der Beschaffung von Assistenten zu tun: Wir haben keine gemeinsamen Assistenten, jedes Mitglied muss sich selbst seine Leute suchen. Nur so kann man die größtmögliche Selbstbestimmung der einzelnen Mitglieder stärken. Aber die Genossenschaft hilft neuen und alten Mitgliedern in ihren Aufgaben durch Kurse und Peer Support - also gegenseitiges Lernen und Unterstützen durch Gleichgestellte.

Assistenznehmer bekommen ihre Gelder monatlich im Voraus von der Sozialversicherung. Jedes Jahr setzt die Regierung die Höhe des pauschalen Stundensatzes für das darauffolgende Jahr fest. Für 2003 beträgt er ungefähr € 22. Ich bekomme also einen monatlichen Betrag von 18 Std. x 31 Tagen x € 22. Damit bezahle ich die direkten und indirekten Lohnkosten meiner Assistenten und die Verwaltungskosten der Genossenschaft. Was übrigbleibt, kann ich für die Reisekosten meiner Assistenten und ähnliche Ausgaben benutzen.

Die Gelder werden an mich ausgezahlt. Jedes Monat muss ich nachweisen, wie viele Stunden meine Assistenten gearbeitet haben. Ungenutzte Beträge werden nach einem halben Jahr verrechnet. Innerhalb dieses Zeitraums kann ich mit den Stunden nach meinem Guthalten haushalten.

Die Beträge sollen meinen Assistenzbedarf in vollem Umfang decken - nicht nur einen Teil. Die K


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