Volksvertreterin Birgit Jischa

Gemeinderat in Wien - Ausgeschieden

Stellungnahme zur Petition #LebenNichtBehindern – Lebensqualität für Menschen mit Behinderungen erhalten!

SPÖ

zuletzt angeschrieben am 18.05.2019
Unbeantwortet

Stellungnahme zur Petition Stoppt das Hochhausprojekt am Wiener Heumarkt

SPÖ zuletzt bearbeitet am 12.02.2019

Ich lehne ab.

Der Schutz des Outstanding Universal Value und der Erhalt der Integrität des Weltkulturerbes Historisches Zentrum von Wien hat Priorität. Darüber hinaus besteht die Erkenntnis, dass es sich beim Stadtzentrum Wiens im Sinne des von der UNESCO beschlossenen Wiener Memorandums um einen lebendigen Stadtorganismus handelt, der sich kontinuierlich weiterentwickelt und den aktuellen demografischen Herausforderungen des Stadtwachstums (Bevölkerungsentwicklung von derzeit 1,8 auf rund 2 Mio. Einwohner innerhalb der nächsten 15 Jahre) gewachsen sein muss.

Wien hat den Status des UNESCO-Welterbes zuerkannt bekommen, da die Entwicklung einer europäischen Stadt – vom Mittelalter bis zur Gegenwart - im Stadtbild in einer weltweit einmalig hohen Qualität ablesbar ist. Aber auch diese historische Stadt ist Ergebnis von laufender Entwicklung. Denken wir uns ins Jahr 1850, in eine Phase, in der Wien so wie heute mit dynamischen Veränderungen konfrontiert war. Die Innere Stadt war bis dahin von einer Stadtmauer mit Basteien umgeben, davor ein großer Freibereich, das ehemalige Glacis, an das die Vorstädte mit ein- bis zweigeschoßigen Gebäuden anschlossen. Die sozialen, politischen, wirtschaftlichen sowie militärischen Rahmenbedingungen haben aber dazu geführt, dass man sich zu einem ungeheuren Entschluss durchgerungen hat: Abbruch der gesamten historischen Stadtmauern und Basteien sowie Verbauung des Areals inklusive der Grün- und Freiräume des Glacis mit zeitgenössischer Architektur. Ergebnis war die Wiener Ringstraße, die ohne Zweifel eine Großtat in der städtebaulichen Entwicklung Wiens darstellt. Und die städtebauliche Entwicklung Wiens wird in diesem Sinne fortgeschrieben, nicht zuletzt um so auf die dynamische Gesamtentwicklung der Stadt zu reagieren. Die Entwicklung Wiens endet nicht mit der Verleihung des Welterbetitels im Dezember 2001.

Jeder Stadt – auch einer mit großem historischem Erbe – muss neben dem Erhalt dieses Erbes auch die Möglichkeit gegeben sein, eine angemessene Weiterentwicklung vornehmen zu können. Die Stadt Wien hat daher neben dem Schutz der bestehenden Bausubstanz ebenso die sorgsame Weiterentwicklung zu berücksichtigen. Der Pfad zwischen diesen beiden Zielrichtungen wird immer diskursiv zu verhandeln sein.

Wien ist auf Basis der vom Nationalrat genehmigten Welterbekonvention angehalten, gesetzliche Regelungen zum Schutz des Welterbes zu ergreifen. Aus Sicht der Stadt Wien sind die bestehenden Mechanismen ausreichend. Allerdings nehmen wir den Hinweis der UNESCO, dass die vorhandenen Instrumente einer Ergänzung bedürfen, ernst, und werden diese bestehenden Mechanismen daher prüfen und gegebenenfalls ergänzen.

In der Welterbekonvention und in den Durchführungsrichtlinien der UNESCO (Operational Guidelines) wird weder auf Höhen, Kubaturen oder andere technische Parameter Bezug genommen. Rechtlich kann daher von keiner Vertragsverletzung ausgegangen werden, da es eine Frage der Sichtweise ist, ob und in welcher Form die Authentizität des Welterbes durch Maßnahmen der Stadtentwicklung negativ beeinträchtigt wird.

Das UNESCO-Welterbekomitee und deren beratende Nichtregierungsorganisation ICOMOS (Internationaler Rat für Denkmalpflege) argumentieren vorrangig aus Sicht des Denkmalschutzes. Nicht die sorgsame Weiterentwicklung einer Welterbestätte – wie die von Wien - liegt im Fokus ihrer Betrachtungen, sondern der Schutz des Bestehenden wird in den Vordergrund gestellt.

Die frühzeitige Äußerung apodiktischer (höhenmäßiger) Limitierungen steht hier im Gegensatz zu einem erforderlichen fachlichen Diskurs auf Augenhöhe zwischen der Stadt Wien und den Gremien der UNESCO. Die Stadt Wien ist sich jedenfalls der Verantwortung bewusst, eine Balance zwischen Bewahren und Entwickeln herzustellen, sie wird sich weiterhin, wie auch in der Vergangenheit, dieser Diskussion stellen.

Die Frage, welche Art der Bebauung nun im Bereich Heumarkt / Eislaufverein mit dem Welterbe-Status kompatibel ist, begleitete das gesamte Verfahren:

Der aktuell vorliegende Projektentwurf für das Areal am Heumarkt ist das Ergebnis eines mehrstufigen Planungsprozesses. Zunächst wurde 2012 aufbauend auf umfangreichen Hearings ein kooperatives ExpertInnenverfahren durchgeführt. Die wesentlichen Empfehlungen wurden zu städtebaulichen Leitlinien zusammengefasst und von der Stadtentwicklungskommission als Rahmen für die folgenden Planungsschritte fixiert. Anschließend wurde vom Projektwerber ein zweistufiger Wettbewerb mit 24 zum Teil internationalen TeilnehmerInnen durchgeführt. Die ExpertInnen sowohl im kooperativen Verfahren als auch im Architekturwettbewerb bejahen mehrheitlich die Errichtung eines höheren Gebäudes in verträglichem Ausmaß, wenngleich es im kooperativen Verfahren auch die Empfehlung gab, eine Variante mit geringeren Höhen („Wiener Block“) zu prüfen.

Im angesprochenen Wettbewerb gab es daher auch Beiträge, die im Rahmen der bestehenden Höhenentwicklung blieben. Die ExpertInnenjury war aber eindeutig der Meinung, dass das Projekt des Architekten Isay Weinfeld mit seiner formalen Komposition, die eben auch eine maßvolle Höhenentwicklung vorsah, die beste Antwort auf die vielfältigen und komplexen Anforderungen an diesen Standort darstellt.

Das Preisträger-Projekt bildete in weiterer Folge die Grundlage für die Ausarbeitung eines Entwurfs zur Neufestsetzung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans. Im Mai 2016 warf der Fachbeirat für Stadtplanung und Stadtgestaltung zu diesem Entwurf eine Reihe kritischer Fragen auf, die zu einer Überarbeitung des Projekts führten.

Auf die Empfehlung des Fachbeirats wurde von Seiten der Stadt Wien umfassend reagiert. In Begleitung eines hochkarätigen Planungsteams wurde über Vermittlung der Stadt Wien das Projekt in wesentlichen, vom Fachbeirat angesprochenen Punkten überarbeitet. In das Vermittlungsverfahren unter Leitung von Prof. Christoph Luchsinger von der TU Wien waren u.a. Experten in Fragen des Welterbe eingebunden.

Die Mitglieder des Fachbeirates haben diese substanziellen Änderungen mehrheitlich positiv gewürdigt und eine wesentliche Qualitätsentwicklung auf der Ebene der zur Diskussion stehenden Widmung feststellen können.

Die Ergebnisse dieser Überarbeitung wurden dem Fachbeirat in einer eigens dafür anberaumten Sitzung bereits am 23. November 2016, also vor der öffentlichen Präsentation Mitte Dezember 2016 vorgestellt.

Zusätzlich war es auch der Anspruch Wiens, auf die von ICOMOS und dem UNESCO-Welterbekomitee geäußerte Kritik – vor allem hinsichtlich der Höhenentwicklung - zu reagieren.

Deren Empfehlung zur Höhenreduktion wurde gefolgt. Die Anzahl der Geschoße des Wohnhochhaues wurde reduziert. Das Gebäude soll nun anstatt der ursprünglich geplanten 75 Meter nunmehr nicht höher als 66,5 Meter hoch sein. Das geplante Bauwerk am Areal „Eislaufverein - Hotel InterCont“ orientiert sich in seiner nunmehr überarbeiteten Form höhenmäßig an den bereits vorhandenen Hochpunkten der näheren Umgebung (wie beispielsweise das Hotel Hilton, das Gartenbau-Hochhaus, Wien-Mitte oder die RZB am Stadtpark) .

Eine wesentliche von UNESCO und ICOMOS geäußerte Kritik war, dass das geplante Hochhaus die visuelle Integrität und somit den Outstanding Universal Value der historischen Innenstadt Wiens negativ beeinträchtigen könnte. Vor allem die Sichtbarkeit des geplanten Bauwerkes von der Schlossanlage Oberes Belvedere wurde hierbei ins Treffen geführt. Diese Kritik aufgreifend wurde die Grundfläche des Gebäudes gegenüber der ursprünglichen Projektidee reduziert. Das Hochhaus wird sich nunmehr wesentlich harmonischer in das Weichbild der Stadt einfügen und das historische Zentrum von Wiens in geringerem Ausmaß verändern.

Die in den Medien kolportierte Feststellung, die UNESCO fordere beim Projekt Heumarkt eine exakte Höhenbegrenzung von 43 Metern und die vorgeschlagene Projektadaptierung werde nicht akzeptiert, entspricht nicht den Tatsachen. Es gibt keine expliziten Meterangaben seitens des UNESCO-Welterbekomitees zu einer maximalen Höhe eines zukünftigen Projekts Heumarkt, sondern verweist dieses auf die Höhenentwicklung der Umgebung.

Die angesprochene Hotelscheibe wurde um zwei Geschoße reduziert und im Grundriss optimiert. Somit wird das Hotelgebäude gänzlich erneuert, bleibt aber in seiner städtebaulichen Prägnanz erhalten. Nur zehn bis 15 Prozent der Gesamtgebäudesubstanz hätten erhalten werden können - daher erfolgte die Entscheidung für den Ersatzbau. Durch die Sanierung und Renovierung des gesamten Hotelbereichs können die Kongress-Kapazitäten maßgeblich ausgebaut werden.

Was die Allgemeinheit und die Menschen in Wien durch diese Umgestaltung erhalten, kann sich sehen lassen.

 Erhaltung des Eislaufvereins in vollem Umfang. Umfassende Erneuerung/Erweiterung der Infrastruktur (zusätzliche 1.000 m2 große Ganzjahres- Eishalle für Eishockey, Eiskunstlauf und Eistanz), vertraglich auf 99 Jahre gesichert
 Schaffung eines neuen öffentlichen Platzes mit weitreichenden konsumfreien Zonen während sieben Monaten im Jahr auf privatem Grund: Attraktivierung des gesamten Außenbereiches und dessen Bespielung (mit Musik, Kultur, Freizeitmöglichkeiten etc.); die Außenfläche umfasst außerhalb der Eislaufsaison insgesamt 6.500 m² (Platz) sowie eine Stadtterrasse mit 800 m²
 Öffnung des Durchgangs Heumarkt und Lothringerstraße
 Öffnung des Areals zum Konzerthaus, Wiederöffnung des Seiteneingangs

Des Weiteren ist angedacht ist, Teile der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien in den geplanten Gebäudekomplex am Areal Eislaufverein zu integrieren. Gemeinsam mit dem benachbarten Konzerthaus Wien besteht damit die Möglichkeit, an diesem Standort einen Cluster für Musik und darstellende Kunst zu entwickeln. Dies würde die Bedeutung Wiens als musikalische Hauptstadt Europas zusätzlich unterstreichen. Dies entspricht auch dem Kriterium 3 für die Aufnahme in die Liste des Welterbes: „Seit dem 16. Jahrhundert ist Wien weltweit als die musikalische Hauptstadt Europas anerkannt“.

Im angesprochenen Masterplan Glacis selbst wird explizit in keiner Form Bezug auf Hochpunkte genommen. Weder werden Aussagen zu einer möglichen Lage noch zur Dimension (Höhe, Kubatur, Maßstäblichkeit) getroffen. Inhaltlich werden Aussagen zu den generellen städtebaulichen Zielsetzungen sowie u.a. zu den Planungszielen für Ensembles und Zonen getroffen. Das 2014 beschlossene STEP Fachkonzept Hochhäuser weist zwar weder die Schutzzonen noch die Welterbe-Kernzonen als Ausschlusszone für Hochhäuser aus, allerdings erfordern Hochhausprojekte in diesen Bereichen eine erhöhte Aufmerksamkeit in der Beurteilung. Dieses neue Hochhauskonzept wurde unter Federführung der TU-Wien und mit Einbindung eines breiten ExpertInnenkreises entwickelt. Da es in der Wiener Innenstadt schon Hochhäuser gibt, wäre es daher fachlich unschlüssig gewesen, zukünftige Hochhausentwicklungen apodiktisch zu verbieten. Vielmehr ist im Einzelfall unter Berücksichtigung der städtebaulichen Rahmenbedingungen sowie des Mehrwerts für die Öffentlichkeit die Sinnhaftigkeit eines Hochhausprojekts nachzuweisen.

Mag.a Birgit Jischa - Ausgeschieden
Partei: SPÖ

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